Geschichte Teil 1


Die deutschen Schützengesellschaften/ Schützengilden als Selbstschutzgemeinschaften bildeten sich allgemein etwa seit dem 13. Jahrhundert. Zu dieser Zeit wurden die Bürger in den Städten immer wieder von Feinden bedroht und mussten auf ihre Selbstverteidigung bedacht sein. Sie bewaffneten sich deshalb (später meist mit Büchsen), um Haus und Hof in Kriegszeiten, bei Seuchengefahren und Glaubensstreitigkeiten, besonders aber vor Gesindel, brandschatzenden Banden und Räubern zu verteidigen. So muss es auch in Mühltroff früh zur Aufstellung von bewaffneten Einheiten gekommen sein. Jedoch existieren aus diesen frühen Zeiten leider keine Aufzeichnungen mehr. Ein gewisser soldatischer und kämpferischer Geist war den Mühltroffern seit Generationen eigen. Dieser rührte wohl noch von den unter den Freiherren von Bodenhausen in Mühltroff stationierten fünfzig Dragonern (1) her. So ist es durchaus auch zu erklären, dass nachweislich bereits 1750 eine Schützenkompanie gegründet wurde, welche die Genehmigung der Obrigkeit jedoch noch nicht erlangt hatte.

Die Herrschaft sah dies schlicht sehr gerne, denn durch diese Kompanie wurde ihr die Bürde der Sorge um den Schutz der Bevölkerung sehr erleichtert. Dies führte in der Folgezeit zu einem großen Ansehen und dem Erblühen der Schützenkompanie, mit von der Obrigkeit zum Dank verliehenen Privilegien (2). Oftmals traten nun die „Schützen“ bei öffentlichen Festlichkeiten als Veranstalter und als schützende oder ordnende Organisation in Erscheinung. Ab 1751 sind regelmäßig abgehaltene Vogelschiessen in Mühltroff belegt. In der Folgezeit verloren die „Schützen“ als militärische Macht fast völlig an Bedeutung.

Am 24. September 1754 fand nun in Mühltroff die Hinrichtung des Dienstknechts Johann Adam Englert aus Ranspach statt. Dieser war wegen einer „verübten Bestialität“ (3) verurteilt worden. Dabei wurden von der Stadt, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zu zwei vorhandenen Korporalen noch sechs Gefreite ernannt. Weiterhin wurden aus der Stadt noch an die 100 Mann aufgeboten, welche mit Gewehren oder Spießen bewaffnet wurden. Wie anzunehmen ist wurde die Schützenkompanie zu diesem „Polizeimilitärdienst“ herangezogen.

In der Zeit des Siebenjährigen Krieges (4), im Jahre 1758, findet ganz in der Nähe Mühltroffs ein Gefecht zwischen einem von Schleiz heranrückenden kaiserlichen Husarenregiment und einem von Ranspach kommenden preußischen Bataillon Grenadieren, sowie einer Eskadron Husaren statt. Wegen des Krieges hat man vermutlich während dieser Zeit keine Vogelschiessen abgehalten. Es kam zu weiteren Gefechten, denn Pfarrer Gabler schreibt 1761: „...am zweiten Sonntage und an den folgenden Tagen wurde ganz Voigtland und insonderheit unser Städtlein plötzlich in großes Schrecken gesetzt, indem unvermuthet drei preußische Corps ... von Neustadt über Mühltroff ... und von Reichenbach her nach Plauen vorrückten, wo es zwischen ihnen und der kaiserlichen Arriergarde (5) zum Treffen kam, in welchem auf beiden Seiten einige hundert Mann fielen; die Oesterreicher aber zum Weichen gebracht und ihnen ca. 100 Gefangene nebst verschiedenen Kanonen abgenommen wurden. Der General Syburg (6) blieb mit 1500 Mann von Sonntag bis Sonnabend in Mühltroff, wo dann manches Haus 130 Mann Einquartierung gehabt hat...“ Es gab mancherlei Elend, die Ruhr grassierte und die Menschen mussten hohe Abgaben an Vieh, Geld und Naturalien leiseten, aber es ging doch alles relativ erträglich ab. „Der Friedensschluß wurde am 5. März 1763 auch in Mühltroff ... in schwarzen Kleidern und Mänteln... mit großer Feierlichkeit begangen.“

Nicht früher als 1757, vielleicht erst 1763 nach Beendigung des 7jährigen Krieges, wurde erneut eine „ordentliche Schützenkompagnie“ gebildet. Auf dem betreffenden Schriftstück ist leider kein Datum vorhanden, aber es wurde später immer wieder Bezug auf das Jahr 1763 genommen.

Ganz im Sinne der Tradition einer mit Privilegien versehenen Gemeinschaft und auch als äußeres Zeichen trug die Gesellschaft schon früh den Namen „Privilegierte Schützengesellschaft Mühltroff“.

 

(1) gemeinhin „die Funfziger“ genannt, stationiert im Schloss, standen unter dem Kommando eines Kommandanten, in der Montur und Gewehr der Freiherren von Bodenhausen. Es waren ausgesuchte Leute, auch Ausländer...

(2) Vorrecht, das einer einzelnen Person oder einer Personengruppe zugestanden wird

(3) menschliches Verhalten, das ethischen Normen krass widerspricht

(4) 1756–1763, auch „Dritter Schlesischer Krieg“ genannt, Preußen und Großbritannien gegen Österreich, Frankreich und Russland

(5) Arrièregarde ; militärische Bezeichnung für Truppen, die am Ende einer Marschkolonne marschieren, also eher „Nachhut“

(6) Friedrich Wilhelm von Syburg (1709–1770), preußischer Generalmajor

 

Quellen:

„Die Herrschaft Mühltroff und ihre Besitzer“, Carl Herrmann Richter, 1857

„Festzeitung für das 150jährige Jubiläum der privilegierten Schützengesellschaft Mühltroff“, 1913

 

Verfasser:

Taubner-Wude, Mario